Editorial NACHHALL Nr. 30
"Die Flucht in abgetrennte Wahrnehmungswelten ist keine Lösung und sie gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft." Robert Burdy
Seit nunmehr dreißig Ausgaben versuche ich zusammen mit meinem Redaktionsteam die beiden Seiten der Medaille zu beleuchten. Dennoch der Diskurskorridor wird immer enger und beide Seiten entfernen sich immer weiter. Was aber wenn beide Seiten wahr wären, weil sie zur selben Medaille gehören? Wir sollten uns mehr auf das Material konzentrieren und uns weniger über Köpfe oder Zahlen streiten.
Beispiel Impfung: Die eine Lesart ist die, dass der Pieks potentiell lebensgefährlich ist, die andere nimmt die gegenteilige Position ein, also potentiell lebensrettend. Aber worum geht es eigentlich beiden? Wie kann jeder Mensch sein individuelles Immunsystem stärken, resilienter werden gegen Krankheiten und Fremdbestimmung?
Ich lese gerade das neue Buch von Gerald Hüther „Wir informieren uns zu Tode“. Die Information ist nicht das eigentliche Problem, sondern die Verwirrung, die durch widersprüchliche Informationen entsteht. Und die Verwicklungen oder Abhängigkeiten, die erst durch das Glaubenwollen auftreten. Laut Hüther will unser Gehirn immer einen kohärenten Zustand erreichen, Energie sparen, es einfach und gemütlich haben.
Ein kluger Filter zur Einordnung von Nachrichten wäre die Frage: Ist die Information für mich hilfreich, weil sie bisherige Vorstellungen und Überzeugungen von mir in Frage stellt und mir hilft, diese zu erweitern oder loszulassen? Wenn nicht, kann sie weg!
Viele, mich eingeschlossen, kritisieren die oft einseitige Berichterstattung der Tagesschau, manche fordern gar die Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dabei sind meiner Meinung nach diese Nachrichtensendungen nicht so schädlich, sondern vielmehr die Minuten davor. Dort laufen Werbespots, die auch schon Kinder interessieren, und für jedes Wehwehchen, gibt es eine Medizin. Schöne neue Welt! Unser Gehirn mag es einfach.
Das ist die Falle, in die wir tappen. Eine Sache wird überhöht und nur von einer Seite aus betrachtet. Dabei ist das Leben vielschichtiger und die Welt voller Menschen, die ihre eigenen Interessen vertreten. Journalisten, Werbetreibende, auch Wissenschaftler wollen uns ihre Botschaft verkaufen. Wir müssen offen bleiben für das Gegensätzliche und die Wahrheit im Material dazwischen finden. Besonders auch im Fasten. Jetzt wäre es (wieder) Zeit!
Der NACHHALL erscheint monatlich. Das Pro-Bono-Projekt des massel Verlags will den Umgang mit Nachrichten kultivieren und unabhängigen Journalismus fördern. Das Argument wird vom Sprecher getrennt. Alle Texte werden auf hochwertigem Papier nachhaltig gedruckt.
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