Editorial NACHHALL Nr. 39
Unsere Themen in dieser Ausgabe: Selbstliebe und Berührung, über die Rechtfertigung des Krieges, der Heilige Franziskus, Gedichte und der Brief eines Studenten.
Es gibt Bilder des Tages und Worte des Jahres. Das Bild von Kühen im Stall, die treu-brav ihr Heu wiederkäuen, wurde auf tagesschau.de mit dem Hinweis versehen, dass Bayern die Anbindehaltung im Bundesrat verhindern will. Ich bin sehr für Tierwohl.
Gleichzeitig erinnert mich das Bild der Kühe an den Aufruf unseres Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach, doch bitte im Homeoffice zu arbeiten. Vermutlich gibt es viele Kühe, die lieber „alleine“ und von ihren Artgenossen getrennt arbeiten wollen. Das senkt den Stresslevel. Es wird weniger gemobbt und mit den Hörnern gestoßen. Sexuelle Übergriffe oder unangebrachte Komplimente der Kolleg:innen wären so auch zu vermeiden.
Am selben Tag veröffentlicht die Bundesregierung ihr Strategiepapier gegen die Einsamkeit. Einsamkeit kann zum Problem für die gesamte Gesellschaft werden, meint Familienministerin Paus. Und wer fragt eigentlich die Kühe oder Arbeitnehmenden, ob sie sich wohler angebunden im Homeoffice oder frei frierend auf der Weide fühlen? Und andersherum.
Ich werde den Verdacht nicht los, dass es einsam bequemer sein könnte. Die Menschen wollen nicht mehr ins Großraumbüro zurück. Angebunden ist es sicherer und einfacher. Keine komplizierten Entscheidungen: „Mit wem gehe ich heute mittagessen?“, oder „Wo finde ich morgen das frischeste Heu?“. Alles wird geliefert! Traumjob.
Und was ist jetzt mit dem Wort des Jahres 2023? Krisenmodus, richtig! Die düstere Stimmung in unserer Gesellschaft ließe sich doch mit ein paar wenigen 100-Watt-Glühbirnen oder noch besser 400-Watt-Halogenlampen aufhellen. Dumm nur, dass diese mittels EU-Verordnung verboten wurden. Und für das Klima ist ohnehin abschalten angesagt. Wer hat noch Strom für leuchtende Ideen – oder kann ihn bezahlen?
Weihnachten kommt da gerade recht. Und Chanukka, das jüdische Lichterfest ebenso. Wir entzünden jeden Tag, jede Woche eine Kerze mehr, bis uns der Heiland erlöst oder neues geweihtes Öl hergestellt ist. Den Mangel verwalten und auf das Wunder hoffen. Alle Tage wieder!
Trotzdem und gerade deswegen blicken wir voller Zuversicht auf das Neue Jahr und wünschen Dir Freude, Mut und Licht – bleiben wir verbunden und feiern achtsam das Wachsen unseres Erkennens! Ein Kind ist uns geboren.
Der NACHHALL erscheint monatlich. Das Pro-Bono-Projekt des massel Verlags will den Umgang mit Nachrichten kultivieren und unabhängigen Journalismus fördern. Das Argument wird vom Sprecher getrennt. Alle Texte werden auf hochwertigem Papier nachhaltig gedruckt.
Frei.Abo Du bestimmst selbst, wieviel Du zahlst! (UVP: 15€/Monat)
NACHHALL
Empfehlungen (Filme, Bücher & Podcasts)