Buchbesprechung: Ausgegendert
Der Autor Gerald Ehegartner taucht tiefer als so mancher Sprachforscher: Braucht die deutsche Sprache wirklich ideologisch motivierte Eingriffe? Jetzt entdecken und mitdiskutieren!
Eine investigative Reise zu den Quellen der deutschen Sprache
»Man trifft sich immer zweimal im Leben«
Richtig. Und so ist es bestimmt kein Zufall, dass Gerald Ehegartner bereits vor genau drei Jahren mit einem Gastbeitrag in diesem Blog aufgetaucht ist. Als Lehrer und Wildnispädagoge sucht Ehegartner nach Spuren, aus denen er Geschichten lesen kann. Er möchte es genau wissen und ist dabei investigativer als so mancher Journalist. In seinem neuen Buch nimmt er sich die deutsche Sprache vor. Was ist dran am Sexismus-Vorwurf? Werden Frauen durch sie systematisch ausgegrenzt? Und woher rührt die Angst vor dem grammatikalischen Geschlecht?
In dieser Buchbesprechung soll es aber weniger um den lesenswerten Inhalt gehen, sondern mehr um die Verpackung. Das Buch ist im massel Verlag erschienen und zusammen mit dem Autor habe ich auch den Umschlag entworfen und am Klappentext gefeilt.
Sie halten ein brisantes Buch in Händen. Wie eine Schatzkarte führt es sie zur atemberaubenden Schönheit der deutschen Sprache, die jedoch von einer ideologisch motivierten Sprachnaturzerstörung bedroht wird.
Die frei mäandernde Sprache soll gendergerecht begradigt und eingefasst werden.
Nur – braucht es diese Verbauung der Sprache im Namen der Gerechtigkeit tatsächlich?
Der Autor nimmt Sie mit auf eine investigative Sprachreise zu den seit Jahrtausenden frei fließenden Quellen und führt Sie über die Antike bis in die Gegenwart.
Doch Vorsicht: Es könnte sein, dass Sie am Ende eine epochale Verwechslungstragödie, auf der die Genderpraxis gründet, durchblicken und zu einem modernen Sprachnaturschützer werden.
Beim Lesen dieser Zeilen hatte ich sofort die Wasser-Metapher vor Augen und im Kopf. Der Sprachfluss, der von den Quellen bis ins Meer fließt. Und ich erblickte Sprachforscher, die mit Schatzkarten ausgerüstet nach den Perlen der Sprache tauchten. Vielleicht hat mich dieses Sprachbild so gepackt, weil ich es schon in meinem Debüt “Alice im Neuland” verwendet habe. Das Meer ist deshalb ganz stark mit der Gründung meines Verlages verknüpft. Also mehr Meer. Ich wünschte mir ein türkisblaues Meer auf dem Buchcover. Bewegt, tief und schön wie unsere deutsche Sprache.
Dazu eine pinke Schrift, die ihre Farbe verliert. Ausgegendert! Sprache ist sowenig sexistisch, wie das Meer oder die Farbe Pink. Seit der Fußball-Europameisterschaft wissen wir, dass auch Männer in pinken Trikots gut Fußballspielen können. Auch Frauen können das und Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen oder einen wirklichen Gendefekt haben. Aber helfen wir Fußballspieler*innen, wenn wir konsequent gendern? Dann doch lieber alles pink streichen!
Vor der Wasser-Metapher und dem Klappentext gab es schon eine Coveridee. Die allererste Assoziation war natürlich der Genderstern, der uns den Weg leuchtet. Oder ein Todesstern (Star Wars) auf blauem Grund, der das nahe Ende ankündigt. Ausgegendert! Vertikal geschrieben, von unten nach oben. Das gemeine Volk, der Pöbel, die ungebildete Masse macht da nicht mit. Wir lassen uns doch keinen Stern befehlen! Aber schnell kamen Zweifel an diesem Titelbild auf. Der Genderstern wurde nicht als solcher erkannt. Hat er jetzt fünf oder sechs Strahlen und ist er eine sie oder es? Und ist nicht der Doppelpunkt, das neue Gendersternchen. Klammern, Binnen-I, Schrägstrich, Unterstich. Was denn jetzt?
Mir wurde das alles zu düster und verwirrend. Wäre nicht ein fröhlicheres, buntes und einfacheres Cover wünschenswert. Wir wollen ja auch junge Leser*innen ansprechen und für die Schönheit und Klarheit der Sprache begeistern. Also kam nach Genderstern und Meer der dritte Coverentwurf als Abwandlung des ersten. Ich war von letzterem überzeugt, Gerald bevorzugte den ersten (oder hatte sich bereits an diesen gewöhnt) und so war es irgendwie fast verhersehbar, dass wir uns in der Mitte treffen würden. Aber ich wollte mich absichern – und einmal mit der künstlichen Intelligenz spielen. Welche Argumente würde wohl ChatGPT anführen?
Hier die weisen Antworten dieses modernen Orakels (ChatGPT). Ich war wirklich überrascht, das hätte ich der KI nicht zugetraut. Oder ist es nur ein Confirmation Bias?
Erstes Cover (weiß mit bunten Symbolen): Das minimalistische, farbenfrohe Design könnte bei einer kreativen, modernen Zielgruppe gut ankommen, die Wert auf Einfachheit und klare Formen legt. Die auffälligen Symbole können ein Gefühl von Offenheit und Neugier wecken.
Zweites Cover (grün-türkis mit Wellen): Dieses Design wirkt natürlicher und beruhigender. Die Wellen könnten eine emotionale Tiefe symbolisieren und an etwas Zeitloses erinnern. Das pinke Highlight des Titels verleiht dem Cover eine markante Note und könnte Menschen ansprechen, die Interesse an sowohl modernen als auch nachdenklichen Themen haben.
Drittes Cover (blau mit geometrischer Form): Das Cover hat eine ruhige, professionelle Ausstrahlung. Es wirkt etwas technischer und nüchterner, was für Menschen ansprechend sein könnte, die ein strukturiertes, informatives Buch erwarten. Das schlichte Blau kann auch Vertrauen und Stabilität ausstrahlen, was insbesondere bei einem sachlichen Thema gut ankommen könnte.
Fazit
Für eine Zielgruppe ab 30, die oft einen Mix aus Seriosität und Moderne schätzt, könnte das zweite Cover (grün-türkis mit Wellen) am ansprechendsten sein. Es vermittelt Tiefe und einen Hauch von Frische und spricht visuell an, ohne überladen zu wirken. Gerade die Kombination aus der beruhigenden Farbwahl und dem auffälligen Titel könnte das Interesse wecken, da sie sowohl männliche als auch weibliche Leser anspricht, die einen modernen und gleichzeitig reflektierten Inhalt erwarten.
Und welches Cover hätte Ihnen, verehrte Leserin, verehrter Leser, nun am ehesten zugesagt? Ich freue mich über eine lebhaften Gedankenaustausch hier in den Kommentaren. Vielleicht lassen sich Autor und Verleger überzeugen und Ihr Favorit wird als Cover für die zweite Auflage ausgewählt.
Ausgegendert
von Gerald Ehegartner | 2024
Softcover: 112 Seiten
Auflage: 1
Sprache: Deutsch
Empfohlenes Alter: ab 16 Jahren
Größe: 14 x 22 cm
ISBN: 9783948576165
17,90 €
inkl. 7% MwSt, versandkostenfrei
Lieferzeit 3-5 Tage
Am besten (für Autor und Verleger) bestellen Sie direkt beim Verlag. Im Interview mit “Transition News” erläutert Martin Sell die Situation der alternativen Kleinverlage im aussichtslosen Kampf mit den Digitalriesen wie Amazon. #amazno
Wieso die Bücher des massel Verlags trotzdem bei Amazon erhältlich sind, erklärt Martin Sell im Gespräch mit Bastian Barucker:
Sind Sie noch immer da?
Bei Peter Lustig hieß es früher immer “abschalten”!
Aber wenn Sie so an Sprache und vielleicht auch gendergerechter Sprache interessiert sind, will ich Ihnen noch ein echtes Schmankerl servieren. Bilbo Calvez hat einen begeisternden Roman aus der Zukunft geschrieben: SARUJ – Stell dir vor, es gibt kein Geld mehr.
Die darin vorgestellte neue Grammatik ist durchdacht, praktisch und klingt akzeptabel. Nicht so wie die Kopfgeburt Gendern und der Quatsch mit den geschlechtsneutralen Pronomen. Also so wie bei Saruj, das könnte ich mir gut vorstellen. Ob es aber Frauen wirklich hilft oder eher zum Verlust des Weiblichen führt?